Österreich, Politik 20.09.2019
Wohnen wird für die Österreicher immer teurer. Mehr als 35 Prozent ihres Einkommens müssen Haushalte durchschnittlich bereits fürs Wohnen ausgeben. Hauptpreistreiber sind die Mieten, die seit Jahren doppelt so stark steigen wie die Einkommen und die allgemeine Teuerung.
„Mieter müssen daher immer mehr Geld fürs Wohnen aufbringen. Das trifft alle, aber vor allem trifft es junge Menschen und Familien, die in den Städten kaum noch bezahlbare Wohnungen finden“, sagt MVÖ-Präsident Georg Niedermühlbichler. „Wir fordern seit Jahren, die Wohnkosten zu senken. Abgesehen vom Wegfall der Mietvertragsgebühren noch vor der Nationalratswahl 2017 ist nichts geschehen, und die Preise steigen munter weiter.“ Um Wohnen wieder leistbar zu machen, braucht es dringend politische Maßnahmen.
MVÖ-Programm für leistbares Wohnen
Als größte Mieterschutzorganisation Österreichs hat die MVÖ ein Paket an Maßnahmen zur Entlastung der Mieter erarbeitet – zentrale Punkte darin:
Das Paket im Detail:
Wohnen als Grundrecht
Wie Arbeit und Gesundheit ist Wohnen ein Grundbedürfnis der Menschen. Wohnen muss leistbar und qualitativ hochwertig sein.
Die Menschen sollen sich Wohnen nach ihren jeweils eigenen Bedürfnissen leisten und in ihren Wohnverhältnissen gesichert leben können.
Die neoliberale Politik hat eine Form des Finanzkapitalismus geschaffen, die nach und nach sämtliche sozialen Lebensgrundlagen der Menschen zerstört. Wie Beispiele in anderen Mitgliedsländern der EU (z.B. Schweden, Niederlande) zeigen, besteht die große Gefahr, dass historisch gewachsene Modelle zur Sicherung und Leistbarkeit des Wohnens unter Hinweis auf EU-Wettbewerbsregeln aus rein monetären Überlegungen beseitigt werden.
Die MVÖ fordert daher, dass gerade das Wohnen nicht nur in der EU, sondern auch in der österreichischen Verfassung als Grundrecht verankert wird und soziale sowie gesellschaftspolitische Aspekte im Bereich Wohnen gegenüber der Wettbewerbsfreiheit und Profitgier eindeutigen Vorrang erhalten.
Ein Mietrecht für alle
Der private Wohnungsmarkt unterliegt nur zu einem Teil den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes (MRG) und damit dem Mieterschutz. Der Anwendungsbereich des MRG soll daher auf alle Mietverhältnisse ausgedehnt werden.
Einschränkung der Befristungsmöglichkeiten
Gesichertes und leistbares Wohnen ist eine Grundvoraussetzung, um am sozialen Leben einer Gesellschaft teilhaben zu können. Im Jahr 2000 kam es durch die Öffnung der Befristungsmöglichkeiten zu einem wohnpolitischen Rückschritt, als der befristete Vertrag zum Regelvertrag wurde. Befristungen bedeuten nicht nur Unsicherheit für die Mieter, sondern steigern außerdem die Gesamtwohnkosten. Alle paar Jahre werden erneut Kosten für Umzug, Kaution, Makler, Ummeldung etc. fällig.
Die MVÖ fordert eine Mindestvertragsdauer von 5 Jahren. Außerdem soll der Befristungsabschlag mindestens 50 Prozent betragen und Mieter sollen jederzeit kündigen können.
Klare Mietzinsobergrenzen
Das Fehlen von klaren gesetzlichen Richtlinien für Zu- und Abschläge im Richtwertsystem hat zu einem Wildwuchs von Zuschlägen geführt, der selbst Fachleute vor Probleme stellt. Es gibt Verfahren, in denen drei unterschiedliche Gerichtsinstanzen jeweils unterschiedlich hohe Mieten als gesetzlich zulässig festgestellt haben.
Die MVÖ tritt daher für klare und nachvollziehbare Mietzinsobergrenzen ein. In einem Zu- und Abschlagskatalog sollen die Zuschläge auf maximal 25% vom Richtwert gedeckelt werden. Außerdem treten wir für die Abschaffung des Lagezuschlags ein, der nur die Infrastrukturleistungen der Gemeinde widerspiegelt, aber keinen persönlichen Leistungseinsatz des Liegenschaftseigentümers.
Um die Teuerungsspirale im Bereich der Mieten anzuhalten, soll die automatische Valorisierung gestoppt werden.
Für alte Möbel, deren wirtschaftliche Lebensdauer überschritten ist, soll keine Möbelmiete mehr verrechnet werden dürfen.
Auch Geschäftsraummieten sollen – analog zu Wohnungsmieten – jederzeit auf ihre Angemessenheit überprüfbar sein.
Betriebskosten senken
Jahr für Jahr werden den Mietern Kosten, die eigentlich der Hauseigentümer zu tragen hätte, weiterverrechnet. Grundsteuer, Versicherungsprämien und Verwaltungshonorar sollen aus dem Betriebskostenkatalog entfernt werden.
Maklerprovision für Mieter abschaffen
Der Abschluss eines Mietvertrages kommt Mieter teuer. Maklerprovisionen erhöhen die tatsächlichen Wohnkosten. Die MVÖ tritt dafür ein, dass ein Makler vom Auftraggeber (in der Regel ist das der Vermieter) bezahlt wird.
Kautionskosten senken
Allein die Kaution verschlingt derzeit drei bis sechs Brutto-Monatsmieten. Kautionen sollen der Höhe nach mit maximal zwei Bruttomonatsmieten beschränkt werden.
Faire Rechtsdurchsetzung
Der Weg zum Recht darf nicht durch bürokratische und finanzielle Hürden versperrt sein. Die Durchsetzung sämtlicher Rechte und Pflichten aus dem Wohnrecht muss ohne Kostenrisiko im Außerstreitverfahren abgewickelt werden können.
Leerstandsabgabe
Durch lang leer stehende Wohnungen wird der verfügbare Wohnraum künstlich verknappt. Die MVÖ fordert, dass Leerstände nach sechs Monaten verpflichtend gemeldet werden müssen und eine Abgabe für Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten, die unbegründet länger leer stehen.
Strafen bei Mietwucher
Im Normalfall werden Vergehen gegen Gesetze auch geahndet. Das Mietrecht soll hier keine Ausnahme darstellen. Derzeit gibt es für Vermieter, die überhöhte Mieten verlangen, außer einer drohenden Rückzahlung keine Konsequenzen. Die MVÖ fordert daher für vorsätzlich und wiederholt überhöhte Mieten Verwaltungsstrafen. Die eingehobenen Beträge sollen für sozialen Wohnbau zweckgebunden werden.
Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes
Die MVÖ tritt dafür ein, dass auch Wohnungseigentümer ihre Rechte schon bei den Schlichtungsstellen durchsetzen können.
Weg mit der Mietkaufoption
Geförderte Wohnungen müssen auf Dauer im Mietwohnungsbestand gehalten werden und einem unbefristeten Bestandsschutz unterliegen.
Die MVÖ fordert die Abschaffung der gesetzlich zwingend vorgesehenen Mietkaufoption. Es kann nicht sein, dass mit der Kaufoption sozial gebundener Wohnraum privatisiert wird. Gemeinnützig errichteter Wohnraum soll auf Dauer dem Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht unterliegen – dies ist im Grundbuch anzumerken.