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Österreich, Wien 13.03.2020

MVÖ holt über 40.000 Euro für Jungunternehmer zurück

  • Geschäftslokal; Foto: SolStock/istockphoto.com

Irgendwann wird es Zeit, sein eigener Chef zu werden. Für Thomas Meng (Name geändert) war es im September 2012 soweit. Meng mietete ein kleines Geschäftslokal an der Peripherie einer Wiener Einkaufsstraße. Das Lokal war klein, mit einem Verkaufsraum direkt hinter der straßenseitigen Auslage, einem Lagerraum im Keller und einem vom Hausflur zu begehenden WC, aber ohne Heizung oder Küche ausgestattet und daher insgesamt in unbrauchbarem Zustand. Für die rund 82 Quadratmeter verlangte die Vermieterin von Meng eine Hauptmiete von 1.205 Euro netto, Steuern und Betriebskosten extra.

 
Teure Sanierung  
Meng machte sich ans Werk, sanierte das Lokal um über 70.000 Euro aus eigener Tasche und verwandelte den ehemaligen Optikerladen in eine Modeboutique. Die Vermieterin ließ Meng in der Folge zwar einige Monatsmieten nach, über einen künftig geringeren Mietzins konnte man sich jedoch nicht einigen. Meng zahlte weiterhin über 1.200 Euro netto. Im September 2015 wandte sich der Unternehmer schließlich an die Mietervereinigung.

MVÖ leitet Verfahren ein
Wohnrechtsexperte Martin Brunnhauser leitete für Meng ein Verfahren vor der Schlichtungsstelle ein, um die Höhe des Mietzinses überprüfen zu lassen. Hintergrund: bei Geschäftslokalen, die dem Mietrechtsgesetz (MRG) unterliegen, gilt der sogenannte »angemessene Mietzins«. Die im Normalfall bei Geschäftslokalen geltende unverzügliche Rügepflicht kam im konkreten Fall nicht zur Anwendung, da Meng ein Unternehmensgründer war (siehe Info-Kasten rechts).

Vergleich geplatzt
Noch vor der Entscheidung der Schlichtungsstelle schlossen die Parteien einen bedingten Vergleich: Die Vermieterin sollte dem Mieter 20.500 Euro an zuviel bezahlter Miete retournieren – ab Juli 2016 käme außerdem ein neuer Mietzins in Höhe von 1.000 Euro netto zur Vorschreibung. Doch kurz darauf widerrief die Vermieterin den Vergleich und bot stattdessen nur noch eine Rückzahlung von 10.000 Euro an. Gleichzeitig drohte man damit, das Verfahren zu Gericht abzuziehen. Brunnhauser und Meng lehnten das dreiste Angebot der Gegenseite ab. Damit landete der Fall vor Gericht, wo ein Sachverständiger mit der Erstellung eines Mietzins-Gutachtens beauftragt wurde.

Mietzins-Gutachten
Im August 2017 lag das Gutachten vor. Der Sachverständige bewertete die Konfiguration des Geschäftslokals darin als »insgesamt ungünstig bis durchschnittlich.« Denn: Nur knapp die Hälfte der Nutzfläche entfällt auf den Verkaufsraum, der etwas größere Teil teilt sich in Vorraum/Lager/WC. Immerhin sei die Lage - trotz rückläufiger Passantenfrequenz - in einer Hauptgeschäftsstraße in Ordnung. Weil die exakte Nutzfläche des Lokals noch strittig war, wurde ein weiteres Gutachten beauftragt – dieses lag im Jänner 2018 vor, im Juni kam es vor dem Bezirksgericht zur nächsten Verhandlung. Erneut kam kein Vergleich zustande; diesmal, weil die Gegenseite mit einer kuriosen Tabelle die Zonenberechnung des Sachverständigen relativieren wollte. MVÖ-Experte Brunnhauser vertrat Meng auch in dieser Verhandlung. Sein trockenes Resümee: »Der Berechnung der Gegenseite zufolge hätte allein das Gang-WC 29 Quadratmeter gehabt.«

Gerichte bestätigen MVÖ-Einschätzung
Im Oktober 2018 lag der Sachbeschluss des Bezirksgerichts vor. Demnach war zum Vermietungszeitpunkt im Dezember 2012 eine Nettohauptmiete von 811,79 Euro gesetzlich zulässig. Die Vermieterin hatte von Meng also jahrelang zu viel kassiert und musste nun inklusive Zinsen 21.420 Euro zurückzahlen. Ein Rekurs der Gegenseite wurde vom Wiener Landesgericht im Juli 2019 abgewiesen. Das Landesgericht bestätigte im Wesentlichen die Entscheidung des Bezirksgerichts.

Einen Haken hatte die Sache jedoch: Die Entscheidung endete mit Juni 2016. Die Vermieterin hatte ihre Mietzinsvorschreibung aber nie geändert und der Mieter zahlte trotz des Gerichtsurteils weiterhin überhöhte Miete. Brunnhauser schrieb an die Vermieterin, die sich aus der Entscheidung des Landesgerichts ergebende Überschreitung von erneut über 20.000 Euro bis Oktober zu refundieren. Die Gegenseite ließ die Frist verstreichen. Brunnhauser stellte also neuerlich einen Antrag bei der Schlichtungsstelle. Tatsächlich verpflichtete sich die Vermieterin, die Mietzinse, welche seit Juli 2016 überhöht verrechnet wurden, zurückzuzahlen. Im Jänner dieses Jahres erhielt Meng noch einmal 22.977 Euro zurück.

Insgesamt zahlte sich die Intervention der MVÖ-Experten für Meng aus: der Unternehmer erhielt 44.397 Euro retour und kann endlich – seit Februar – auch mit einer »angemessenen« Hauptmiete kalkulieren.

 

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