Wien 28.01.2025
Die im staatlichen Besitz stehende Bundesimmobiliengesellschaft reizt das Recht aus – und macht mit befristeten Verträgen Profite.
Die Geschichte von Sabine H. (Name von der Red. geändert) macht deutlich, dass Befristungen beim Menschenrecht Wohnen völlig fehl am Platz sind. Im Dezember 2019 bezog die alleinerziehende Mutter von vier kleinen Kindern eine 67-Quadratmeter-Wohnung in einem neu errichteten Wohnhaus in Wien-Favoriten. Die Miete betrug beim Einzug rund 880 Euro, der Mietvertrag war auf 5 Jahre befristet und lief somit am 30. November 2024 aus. Bei der Vertragsunterzeichnung versicherte die Vermieterin allerdings, dass einer Verlängerung prinzipiell nichts im Wege stünde.
Bereits im Mai 2024 – also 6 Monate vor Ablauf der Befristung – wollte Sabine H. wissen, ob der Mietvertrag verlängert wird. Die Antwort der Hausverwaltung: das entscheide sich erst drei Monate vor Ende der Befristung (also Ende August / Anfang September). Die Frau hatte Angst, in der kurzen Zeit keine Wohnung mehr zu finden und auf der Straße zu landen.
Befristeter Mietvertrag wurde nicht verlängert
Erst im September erhielt Sabine H. das Schreiben der Hausverwaltung, in dem man ihr mitteilte, dass der Mietvertrag nicht verlängert würde und damit am 30. November beendet sei. Die Wohnung sei bis 2. Dezember zurückzustellen. Glücklicherweise hatte sie sich kurz zuvor an die Wohnungskommission der Stadt gewandt und bekam als „Härtefall“ – wegen drohender Wohnungslosigkeit – eine Gemeindewohnung zugewiesen.
Im Gespräch mit Fair Wohnen erzählte die Mieterin, dass etliche Verträge dieser Stiege der Wohnhausanlage nicht verlängert wurden und mit Ende der 5-jährigen Befristung beendet werden. Schon im Sommer hatten sich vermehrt Mieterinnen und Mieter dieser Anlage an die Mietervereinigung gewandt, da die Mietverträge nicht verlängert zu werden drohten.
Betrieb im Staatsbesitz
Rein rechtlich ist das Vorgehen des Eigentümers gedeckt. Eigentümer des Gebäudes und damit Vermieter ist die „Viola Park Errichtungs GmbH“, eine Tochter der ARE Austrian Real Estate, die wiederum der Bundesimmobiliengesellschaft, der BIG, gehört: Es handelt sich um einen Neubau, daher gibt es keine Preisgrenzen bei der Miete. Auch die Befristung ist rechtlich gedeckt; die Mindestbefristung beträgt laut Mietrechtsgesetz 3 Jahre. Aber: Die BIG ist über die ÖBAG in Staatsbesitz. Warum vergibt man als Staatsbetrieb nur befristete Verträge?
Bei der Recherche zu diesem Fall wurde auch recht schnell klar: Rund 20 Wohnungen wurden rasch zur Neuvermietung inseriert – allerdings teurer und erneut auf 5 Jahre befristet.
Parlamentarische Anfrage: Warum wird befristet vermietet?
Die SPÖ stellte im Jänner 2025 dazu eine parlamentarische Anfrage an Finanzminister Gunter Mayr (ÖVP): "Angesichts der Tatsache, dass die ARE im Alleineigentum der Republik Österreich steht, stellt sich die Frage, warum hier offenbar Methoden gegenüber den Mieter:innen angewendet werden, die man von einer Immobilienfirma, die im Eigentum der öffentlichen Hand steht, nicht erwarten würde."
Mietervereinigung fordert Aus von befristeten Mietverträgen
Generell fordert die Mietervereinigung das Aus für befristete Mietverträge. Schon jeder zweite Mietvertrag im profitorientierten Sektor ist nur noch befristet – im Schnitt auf 4,4 Jahre. Haushalte mit befristeten Mietverträgen werden – wenn diese aus welchen Gründen auch immer nicht verlängert oder erneuert werden – gezwungen, sich eine neue Wohnung zu suchen. Das treibt die Wohnkosten in die Höhe, denn neben den Kosten für den Umzug und die Kaution kommt die neue Wohnung mit großer Wahrscheinlichkeit auch teurer. Befristungen kosten Mieterinnen und Mieter viel Geld und wichtige Rechte.
Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende der Mietervereinigung Wien: „Wohnen ist ein Grundrecht. Ein Grundrecht darf nicht einseitig befristet und damit eingeschränkt werden.“ Immobilien-Konzerne haben keinen Bedarf, Wohnungen befristet zu vermieten. Hier geht es nur um die kurzfristige Maximierung des Profits auf Kosten Anderer. „Für Mieterinnen und Mieter bringt eine Befristung nur Nachteile: sie wohnen in einem Zuhause mit Ablaufdatum, es gibt keine Planbarkeit über die Dauer der Befristung hinaus, was zB. Schulen der Kinder, Arbeitsplätze oder Arbeitswege betrifft. Wichtige Rechte wie die Durchsetzung von Erhaltungsarbeiten sind aufgrund der Verfahrensdauer in der Praxis bei kurzen Befristungen gar nicht durchsetzbar.“