Präambel
Wie Arbeit und Gesundheit ist Wohnen ein Grundbedürfnis der Menschen. Wohnen muss leistbar und qualitativ hochwertig sein. Diese Zielsetzung stand und steht für die Mietervereinigung an oberster Stelle.
Die Menschen sollen sich Wohnen nach ihren jeweils eigenen Bedürfnissen leisten und in ihren Wohnverhältnissen gesichert leben können.
Die Welt und die politischen Systeme sind spürbar in einer Umbruchsituation. Die neoliberale Politik hat eine Form des Finanzkapitalismus geschaffen, die sukzessive sämtliche sozialen Lebensgrundlagen der Menschen zerstört. Wie Beispiele auch in anderen Mitgliedsländern der EU (z.B. Schweden, Niederlande) zeigen, besteht die große Gefahr, dass in Mitgliedsstaaten historisch gewachsene Modelle zur Sicherung und Leistbarkeit des (sozialen) Wohnens unter Hinweis auf EU-Wettbewerbsregeln aus rein monitären Überlegungen beseitigt werden.
Die MVÖ spricht sich daher dafür aus, dass gerade das Wohnen in der EU als Grundrecht verankert wird und soziale sowie gesellschaftspolitische Aspekte im Bereich Wohnen gegenüber der Wettbewerbsfreiheit eindeutigen Vorrang erhalten.
Unser Leitantrag soll Basis und Leitfaden einer nachhaltig orientierten Politik im Bereich des Wohnens, Wohnbaues und des Wohnrecht sein. Er ist umfassend genug, um alle relevanten Wohn-Materien ausreichend zu behandeln, und er ist getragen von der Überzeugung, dadurch in vielen Bereichen Verbesserungen für die Menschen zu erreichen.
> Wir wollen die Wohnbauförderung als Garant für leistbares Wohnen. Die Zweckbindung der Rückflüsse aus den Wohnbaudarlehen ist ein Muss.
Wohnen ist keine Ware, die den Schwankungen der Marktwirtschaft überlassen werden darf. Ohne steuernde Elemente führt das reine Prinzip von privatem Angebot und Nachfrage zu hohem Preisniveau und Wohnungsengpässen. In Österreich sorgte bislang die Wohnbauförderung dafür, dass ein ausreichendes Angebot an leistbarem Wohnraum vorhanden ist.
Dieses System ist nun bedroht. Einerseits durch die Aufhebung der Zweckbindung des Wohnbauförderungsmittel und deren Rückflüsse andererseits durch den selbst verordneten Sparzwang um jeden Preis. Weder aus wirtschaftspolitischer noch aus sozialer und gesellschaftspolitischer Sicht ist es sinnvoll, beim Wohnungsneubau oder der Sanierung Kürzungen vorzunehmen. Die Wohnbaufördermittel werden zum Großteil aus direkten Abgaben der Arbeitgeber und Arbeitnehmer gespeist und zusammen mit den zweckgewidmeten Rückflüssen wäre es möglich, ein sich selbst finanzierendes System zu schaffen.
> Wir wollen Wohnen umwelt- und klimaverträglich machen.
Dazu ist es notwendig, keine Einbahnstraße zu schaffen (Stichwort: Passivhaus), sondern viele verschiedene Konzepte und Möglichkeit zu kombinieren bzw. nebeneinander bestehen zu lassen. Sämtliche Maßnahmen müssen auf ihre Lebenskostenzyklen geprüft und beurteilt werden. Eine Kennzahl allein ergibt kein umweltverträgliches nachhaltiges Konzept.
Vielmehr müssen sowohl die Produktion von zB. Dämmstoffen, deren Einsatzgebiet sowie dessen Entsorgung mitbedacht werden. Bei der Förderung thermischer Sanierungen ist daher insbesondere auf diesen ganzheitlichen Ansatz bedacht zu nehmen, um für die nächste Generation keine neuen Probleme zu schaffen.
> Wir wollen die Vielfalt im Wohnbau fördern.
Jeder Mensch hat unterschiedliche Wohnbedürfnisse. Deshalb soll es auch kleineren Initiativen möglich sein, Wohnbaumodelle zu erarbeiten und anzubieten. Echte Genossenschaften brauchen Unterstützung. Generationenübergreifendes Wohnen braucht einen festen Platz im heutigen Wohnungsangebot.
> Wir wollen Schutz vor Willkür beim Wohnen durch einen starken MieterInnenschutz.
Unser Ziel ist es, dass alle MieterInnen durch ein einheitliches Mietrecht die Möglichkeit erhalten auf gleicher Augenhöhe mit VermieterInnen verhandeln zu können.
> Wir wollen mehr Wohnsicherheit in Form von Bestandssicherheit.
Der unbefristete Mietvertrag muss der Regelmietvertrag sein. Menschen dürfen nicht gezwungen werden, aufgrund befristeter Verträge permanent ein neues Zuhause zu suchen und damit verbunden hohe Nebenkosten zu bezahlen.
> Wir wollen ein dauerhaft gesichertes gemeinnütziges Wohnungswesen.
Aufgabe der Gemeinnützigkeit muss es sein, durch kontinuierliche Wohnbautätigkeit ausreichend leistbaren (Miet-)Wohnraum zu schaffen sowie diesen Bestand zu halten und zu erhalten. Es muss daher gesichert sein, dass diese Bestände der Gemeinschaft erhalten bleiben, eine Zwangsprivatisierung wie sie derzeit aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen im WGG vorgesehen sind, muss abgeschafft werden.
> Wir wollen den kostenfreien Rechtszugang zur Durchsetzung der im Wohnrecht festgehalten Rechte und Pflichten von MieterInnen.
Der Weg zum Recht darf nicht durch bürokratische und finanzielle Hürden versperrt sein.
Wohnbau und Sanierung
Im Mittelpunkt stehen die Menschen, die als MieterInnen oder EigentümerInnen ihre Wohnungen und Häuser bewohnen. Die Verbesserung ihrer Wohnverhältnisse, ihrer Wohnkosten, ihrer Wohnqualität und ihres Wohnumfeldes ist die Basis für eine friedliche und ausgewogene Gesellschaft.
Anforderungen an ein modernes Mietrecht
Neben einem verhältnismäßig großen Bestand an Gemeindewohnungen sowie einem starken Gemeinnützigkeitssektor versorgt als dritte Säule auch der private Wohnungsmarkt die österreichische Bevölkerung mit Wohnraum.
Ein Mietrecht für alle
Der private Wohnungsmarkt unterliegt jedoch nur zu einem Teil den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes (MRG) und damit dem Mieterschutz. Es existieren einerseits Mietverhältnisse, deren Bestand und Preise gesetzlichen Reglementierungen unterliegen und andererseits solche, die den Kräften des freien Wohnungsmarktes ausgesetzt sind.
Erster Pfeiler des Mietrechts – der Kündigungsschutz
Gesichertes und leistbares Wohnen ist eine Grundvoraussetzung, um am sozialen Leben einer Gesellschaft teilhaben und teilnehmen zu können. Es war daher eine der größten Errungenschaften unserer Ahnen, dass der Kündigungsschutz bei Mietverträgen eingeführt wurde. Dieser schützt vor willkürlichem Verlust der Wohnung.
Im Jahr 2000 kam es durch die Öffnung der Befristungsmöglichkeiten zu einem wohnpolitischen Rückschritt, als der befristete Vertrag zum Regelvertrag wurde.
Jede Befristung bedeutet nicht nur Belastungen im Bereich des Sozialgefüges der MieterInnen, sondern steigert außerdem beträchtlich die Gesamtwohnkosten. Der befristete Vertrag hat daher nur in Ausnahmefällen seine Berechtigung.
Zweiter Pfeiler des Mietrechts – der Preisschutz
Das Fehlen von klaren gesetzlichen Richtlinien für Zu- und Abschläge im Richtwertsystem hat zu einem an Missbrauch grenzenden Wildwuchs von Zuschlägen geführt und die Beurteilung der Mietzinsobergrenzen derart erschwert, dass auch Immobilienfachleute keine verlässlichen Prognosen abgeben können, wie hoch die zulässige Miete sein darf. Es gibt derzeit Fälle, wo in einem Verfahren drei unterschiedliche Gerichtsinstanzen jeweils unterschiedlich hohe Mieten als gesetzlich zulässig festgestellt haben.
Betriebskosten – die zweite „Miete“
Der Betriebskostenkatalog ist im Hinblick auf die Nutzung des Gebäudes durch die MieterInnen bezüglich der überwälzbaren Kosten zu durchforsten. Es muss zu einer echten Senkung der Betriebskosten kommen.
Risiko - Nebenkosten
Wohnungssuchende sind bei Mietvertragsabschluss mit hohen Kosten konfrontiert. Maklerprovisionen und Kautionen erhöhen die tatsächlichen Wohnkosten enorm.
Faire Rechtsdurchsetzung
Ein Rechtssystem, das die Rechtsdurchsetzung als oberstes Prinzip reiht, muss jene Rahmenbedingungen herstellen, die eine solche gewährleistet.
Anforderungen an das Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht
Das gemeinnützige Wohnungswesen hat sich aus unterschiedlichen Ansätzen eines Wohnbaus jenseits spekulativer Interessen entwickelt. Derzeit wird die Mietzinsbildung nach dem Kostendeckungsprinzip gebildet.
Aufgrund der unterschiedlichen Förder- und Finanzierungsysteme ist damit allerdings mittlerweile eine Intransparenz was die Mietenentwicklung betrifft durchaus üblich. Aus Sicht der NutzerInnen ist das eine negative Entwicklung, die gestoppt und aufgelöst werden muss.
Das Ziel, die laufende Erhaltung und Verbesserung der Gebäude und Wohnungen zu gewährleisten, ist in einigen Teilbereichen nicht mehr gegeben.
Es ist daher an der Zeit, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz zu reformieren und an die Bedürfnisse der heutigen Zeit zu adaptieren.
Auch die Möglichkeit der Optionswohnungen ohne Preisbindung unterläuft das Ziel, einen hohen Bestand an leistbaren Wohnungen im Land zu halten und zu sichern. Im Interesse der Gewährleistung einer hohen Wohnsicherheit müssen daher geförderte Wohnungen auf Dauer im Mietwohnungbestand gehalten werden und einem unbefristeten Bestandschutz unterliegen.
Nur dadurch bleibt gewährleistet, dass der gemeinnützige Wohnungsbestand einen nachhaltigen und wichtigen Beitrag zu einer guten Wohninfrastruktur in einer modernen Gesellschaft leistet.
Anforderungen an ein modernes Wohnungseigentumsgesetz
Rund 400.000 Objekte zählen derzeit als Eigentumswohnung, wobei hier zwischen jenen, die eine Anlageform wählen und jenen, die damit ihr Wohnbedürfnis erfüllen, zu unterscheiden ist. Die Spekulation auf diesem Immobiliensektor nimmt leider zu. Diese wird auch dadurch verstärkt, dass das bestehende Gesetz die Begründung von Wohnungseigentum an schlechtest ausgestatteten Wohnungen ermöglicht. Es fördert dadurch auch die Umwandlung von schlecht erhaltenen Altbauten in Wohnungseigentum.
So bezahlen viele Menschen für qualitativ unzureichende Wohnobjekte horrende Summen und belasten sich sowohl durch Ankauf als auch durch die notwendigen Instandsetzungsarbeiten auf Jahrzehnte hinaus.
Darüber hinaus bietet das Wohnungseigentumsrecht den EigentümerInnen nur unzureichende Möglichkeiten, ihre Interessen auch tatsächlich wahrzunehmen und durchsetzen zu können.
So fehlen derzeit wesentliche Regelungen zum Abschluss, Auflösung und Inhalt eines Verwaltungsvertrages. Das derzeitige Wohnungseigentumsgesetz achtet zu sehr auf die Interessen der Hausverwaltungen. Der Verwalter im Wohnungseigentumsbereich ist daher künftig konsequent als Interessenswalter der Gemeinschaft einzurichten.
Eine Eigenverwaltung durch die EigentümerInnen selbst ist in Österreich eher die Ausnahme denn die Regel.
Grundvoraussetzungen dafür sind - neben einer überschaubaren Anzahl von Wohneinheiten - vor allem entsprechende gesetzlich vorgegebene Willenbildungsregeln.