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Österreich, Rechtsprechung 17.12.2015

Kündigung wegen Nichtbenützung

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Folgender Sachverhalt lag vor:

 

Der im Jahr 1950 geborene Mieter war im Zeitpunkt des Verfahrens bereits seit etwa 6 Jahren nicht mehr berufstätig. Er hielt sich tagsüber nicht in der von ihm gemieteten Wohnung auf und diese hatte zudem weder einen Wasseranschluss noch eine Heizung. Das WC war am Gang.

Der Mieter hatte einen Schlüssel zur Wohnung eines seiner Söhne und dort konnte er jederzeit hingehen. Oft besuchte er schon in der Früh den Sohn und frühstückte dort. Darüber hinaus duschte er sich auch in der Wohnung seines Sohnes und wusch dort seine Wäsche. Der Mieter verbrachte auch sonst viel Zeit mit der Familie seines Sohnes, so nahm er dort seine Mahlzeiten ein und sah gemeinsam mit diesen fern. Abends fuhr er zum Schlafen in die von ihm gemietete Wohnung.

Kurz zusammengefasst: Er verbrachte tagsüber mehr Zeit außerhalb seiner Wohnung als in der Wohnung. Dort hielt er sich fast nur zum Schlafen auf.

 

Der Vermieter brachte daraufhin eine Kündigung wegen Nichtbenützung der Wohnung ein.

 

Nichtbenützung

Damit dieser Kündigungsgrund erfüllt wird, müssen nach der Rechtsprechung zwei Sachverhalte zusammenkommen.

  1. Das (vom Vermieter nachzuweisende) Fehlen einer regelmäßigen Verwendung des Mietgegenstands zu Wohnzwecken sowie
  2. Das Nichtvorliegen eines dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder einer eintrittsberechtigten Personen,

 

Kann der Vermieter nachweisen, dass die Wohnung nicht ausreichend regelmäßig verwendet wird, dann muss der Mieter beweisen, dass er dennoch ein dringendes Wohnbedürfnisses hat.

Grundsätzlich geht dann die Rechtsprechung davon aus, dass dann, wenn der Mieter die regelmäßige Verwendung der Wohnung zu Wohnzwecken nachweisen kann, es nicht mehr notwendig ist, nachzuweisen, dass man an der Wohnung ein dringendes Wohnbedürfnis hat.

 

Im vorliegenden Fall hatte das Landesgericht der Kündigung Recht gegeben, mit dem Argument: Es handle sich bei der gemieteten Wohnung um ein bloßes „Absteigequartier“, das der Beklagte nicht regelmäßig verwenden würde. Unter anderem wurde auch auf den Strom-/Gasverbrauch Bezug genommen, der auffallend niedrig war und daraus geschlossen, dass der Kündigungsgrund Nichtbenützung erfüllt sei.

 

Der OGH sah das nicht so und befand, dass der Mieter seine Wohnung ganz klar regelmäßig benützt. Vor allem vor dem Hintergrund des desolaten Zustandes, in dem sich die Wohnung befand. Zudem erachtete das oberste Gericht es als durchaus üblich, dass alleinstehende Menschen andere Familienmitglieder besuchen. Zwar verbrachte der Mieter die Zeit tagsüber auswärts, vor allem bei seinem Sohn, aber abends fuhr er zum Schlafen in die von ihm gemietete Wohnung. Nur aufgrund des niedrigen Strom- und Gasverbrauchszahlen, die regelmäßige Verwendung der Wohnung auszuschließen, sei unzulässig.

 

Bislang hat die Rechtsprechung eine regelmäßige Verwendung der Wohnung dann verneint, wenn sich der Mieter nur ein- bis zweimal monatlich zu Nächtigungszwecken in der Wohnung aufhält oder wenn er durchschnittlich nur alle 14 Tage für ein bzw zwei Tage in die aufgekündigte Wohnung kommt.

Demgegenüber betont die Rechtsprechung auch, dass die Anzahl der Übernachtungen pro Jahr dann nicht entscheidend für die Frage des dringenden Wohnbedürfnisses ist, wenn der Mieter über keine zweite Wohnung verfügt. Solange der Schwerpunkt der Wohnungsnutzung zu Wohnzwecken zumindest zum Teil noch in der aufgekündigten Wohnung liegt, erfüllt auch die Benützung einer zweiten Wohnung noch nicht den Kündigungstatbestand.

Dabei unterscheidet die Rechtsprechung auch nach den Bedürfnissen des konkreten Mieters. So legt sie etwa bei einem Junggesellen einen weniger strengen Maßstab an das Ausmaß der Benützung an als bei einer Familie.

 

Abschließend ein persönlicher Kommentar der Mietervereinigung.

Der Kündigungsgrund der „Nichtbenützung“ ist dringend reformbedürftig, da er den heutigen Lebensrealitäten in keiner Form mehr entspricht. Wenn Vermieter auf die Idee kommen, eine Kündigung einzuleiten, nur weil man ein reges Leben außerhalb seiner vier Wände hat, und damit sogar beim Landesgericht Recht bekommt, dann ist das ein Signal für einen notwendigen Veränderungsprozess im Mietrecht. Die Zeit scheint reif zu sein, den Kündigungsgrund „Nichtbenützung“ abzuschaffen.

 

Mietervereinigung Österreichs, Reichsratsstraße 15, 1010 Wien, Tel.: 050195, Fax: 050195-92000, zentrale@mietervereinigung.at, ZVR - Zahl 563290909
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