Österreich, Recht, Rechtsprechung 16.05.2018
Die Vorgeschichte: eine Grundstückseigentümerin ließ an ihrem Haus durch einen Fachunternehmer 4 permanent aufzeichnende Videokameras anbringen, um herauszufinden, wer Unrat auf ihr Grundstück wirft. Die Kameras nahmen auch geringfügige Teile des Nachbargrundstücks auf, diese wurden jedoch verpixelt aufgezeichnet. Die Aufzeichnungen wurden nach 72 Stunden automatisch gelöscht.
Der Nachbar bemerkte die Videokameras unmittelbar nach der Montage und rief wenige Tage später deswegen auch die Polizei. Die Polizeibeamten verwiesen ihn auf den Zivilrechtsweg. Der Nachbar strengte ein Verfahren bei der Datenschutzbehörde an, im Rahmen dessen er erstmals die von den Videokameras aufgenommenen Bilder einschließlich der Verpixelung jener Bereiche sah, die Teile seiner Liegenschaft zeigen würden. Die Datenschutzbehörde stellte das Verfahren gegen die Nachbarin ein, weil die Überwachung des eigenen Privatgrundstücks mit Einschränkungen zulässig sei.
Der Streit ging vor Gericht. Der Nachbar begehrte die Unterlassung der Videoüberwachung und die Beseitigung der Kameras. Beide Vorinstanzen wiesen beide Klagebegehren ab.
OGH: Rechtswidriger Eingriff in die Privatsphäre des Nachbarn
Der Oberste Gerichtshof gab hingegen dem Unterlassungsbegehren statt (Entscheidung 3 Ob 195/17y). Da die Ausrichtung der Videokameras auf das Grundstück des Nachbarn auch von dessen Grundstück erkennbar sei und die Verpixelung nur im Bereich der Beklagten in Erscheinung trete und daher für einen unbefangenen, objektiven Betrachter von außen nicht erkennbar wäre, sei dem Nachbarn die begründete Befürchtung zuzugestehen, dass er sich im Überwachungsbereich befinde und von den Aufzeichnungen erfasst werde, so der OGH.
Wegen der verfeindeten Situation der Streitteile sei auch die konkrete Gefahr zu bejahen, dass die Aufzeichnung jederzeit und vom klagenden Nachbarn unbemerkt durch Aufhebung der Verpixelung erweitert werden könnte. Eine Beibehaltung oder Aufhebung der Verpixelung sei äußerlich nicht erkennbar. Deshalb sei ein Eingriff in seine Privatsphäre durch bestehenden Überwachungsdruck zu bejahen, entschied der OGH.
Da die Beklagte nicht das schonendste Mittel zur Erreichung des Zwecks der Überwachung einsetzte, bedürfe es keiner Interessenabwägung. Die von der Beklagten beauftragte Videoüberwachung in der auf das Nachbargrundstück ausgerichteten Form stelle daher einen rechtswidrigen Eingriff in die Privatsphäre des Nachbarn dar, so der OGH.