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Österreich, Recht, Rechtsprechung, Wien 27.11.2024

OGH kippt Wertsicherung gemäß Baukosten-Index

Oberster Gerichtshof (OGH) erklärt Mietvertrags-Klausel, wonach die Miete mit dem Baukosten-Index »wertgesichert« wurde, für unzulässig.

 

Es gibt in Österreich praktisch keine Mietverträge im profitorientierten Sektor ohne sogenannte »Wertsicherungsklauseln«. Diese Klauseln dienen dazu, die Gesamtmiete immer wieder zu erhöhen und werden für gewöhnlich an einen Preisindex gebunden – zum Beispiel an den Verbraucherpreisindex (VPI), der die Preisentwicklung des durchschnittlichen Konsums eines durchschnittlichen Haushalts in Österreich abbilden soll. Während der VPI für die allgemeine Preisentwicklung steht, erstellt die Statistik Austria weitere Preisindizes wie beispielsweise den Baukostenindex. Dieser Index soll jene Kosten, die Bauunternehmern bei der Ausführung von Bauleistungen entstehen, abbilden. Mit einem Wort: werden Material und Arbeitszeit teurer, dann steigt auch der Baukostenindex.

 

Wertsicherungsklausel mit Baukostenindex

Manche Vermieter zogen für die »Wertsicherungsklausel« in ihren Mietverträgen statt des gebräuchlichen VPI den Baukostenindex heran und kassierten dafür über die letzten Jahre weit höhere Mietsteigerungen. Ein Beispiel: eine Mieterin, die im Jahr 2002 für ihre Wohnung noch 500 Euro Miete bezahlt hat, muss heuer bereits 849 Euro dafür hinlegen - wenn mit dem VPI »wertgesichert« wurde. Noch wesentlich teurer wird es für die Mieterin, wenn statt des VPI der Baukostenindex verwendet wurde: In diesem Fall müsste sie heuer bereits 980 Euro Miete zahlen. Der Baukostenindex ist seit 2001 um 96 Prozent gestiegen, der VPI dagegen »nur« um 70 Prozent.

 

Mit der fröhlichen Preistreiberei ist es nun allerdings vorbei: der Oberste Gerichtshof (OGH) entschied, dass die Baukostenindex-Klausel als Berechnungsgrundlage für Mieterhöhungen sachlich nicht gerechtfertigt und unzulässig ist. Die Arbeiterkammer hatte in einem Verbandsverfahren nach dem Konsumentschutzgesetz geklagt. Die beiden beklagten Immo-Firmen sind nun aufgefordert, den betroffenen Mietern die unzulässigen Mieterhöhungen zurückzuzahlen und die künftigen Mietvorschreibungen anzupassen.

 

OGH-Urteil zu Wertsicherungsklausel mit Baukostenindex

Was hatte der OGH konkret an der Wertsicherung auszusetzen? Um die ursprüngliche Äquivalenz zwischen den Vertragsparteien zu wahren sei ein enger sachlicher Bezug wichtig – so eng, dass »Zufallsgewinne« zugunsten einer Vertragspartei durch die Anwendung der Preisänderungsklausel ehestmöglich ausscheiden, so die Höchstrichter. Der Baukostenindex vermag nur einen Bruchteil der maßgeblichen Kostenfaktoren unternehmerischer Vermieter abzubilden. »Hinzu kommt, dass Vermietern typischerweise Erhaltungs- und Instandsetzungsaufwand nicht beständig und gleichmäßig während des gesamten laufenden Mietverhältnisses erwächst. Größerer Sanierungsbedarf stellt sich in der Regel erst (wieder) lange Zeit nach der Errichtung oder Generalsanierung ein. Auch vor diesem Hintergrund ist eine Anbindung der Mietzinsänderung an die Entwicklung des Baukostenindex gerade bei befristeten Mietverhältnissen und Erstbezug nach Errichtung bzw Generalsanierung sachlich nicht angezeigt«, heißt es in der Entscheidung.

 

Die Wertsicherung des Mietzinses »nach der Entwicklung des Baukostenindex vermag somit weder die konkrete Kostenentwicklung unternehmerischer Vermieter noch die durchschnittliche Marktentwicklung auch nur annäherungsweise abzubilden.« Somit fehle der »Wertsicherungsklausel« die sachliche Rechtfertigung, die im Konsumentenschutzgesetz (§ 6 Abs 1 Z 5 KSchG) gefordert werde.

 

Rat für Mieter

Mietern, deren Mietvertrag eine »Wertsicherungsklausel« gemäß Baukostenindex enthält, rät die Mietervereinigung zu einem persönlichen Beratungstermin, um die konkreten Umstände und das weitere Vorgehen abstimmen zu können.

Mietervereinigung Österreichs, Reichsratsstraße 15, 1010 Wien, Tel.: 050195, Fax: 050195-92000, zentrale@mietervereinigung.at, ZVR - Zahl 563290909
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