Österreich, Wien 20.09.2018
Der sogenannte „Lagezuschlag“ ist einer der Hauptpreistreiber im System der Richtwertmieten. Nachdem der Oberste Gerichtshof (OGH) in seiner zu Jahresbeginn veröffentlichten Entscheidung 5 Ob74/17v klargestellt hatte, dass bei der Bewertung einer Lage nicht die Grundstückskosten entscheidend sind, sondern die "allgemeine Verkehrsauffassung und die Erfahrung des täglichen Lebens", baute nun die Stadt Wien ihre Lagezuschlagskarte dementsprechend um.
Neue Lagebewertung
Neu ist die Unterteilung des Stadtgebiets in drei Referenzzonen, innerhalb derer sich die Bebauungsmerkmale ähneln (dicht, mittel oder locker bebaut) und daher ein vergleichbares Wohngebiet darstellen. In jeder dieser Zonen wurden sechs Merkmale bewertet: Öffi-Anbindung, Bildungseinrichtungen, Gesundheitsversorgung, Nahversorgung, Grünraum und Bodenpreise (>Online-Version der neuen Lagezuschlagskarte).
„Damit stellt man bei der Ermittlung nun nicht mehr allein auf die Bodenpreise ab, sondern richtet sich nach dem, wie man die Qualität einer Lage als Normalbürger wahrnimmt“, erklärt Hans Sandrini, Mietrechtsexperte der Mietervereinigung (MVÖ). Dadurch gibt es in der neuen Karte nun weit mehr Durchschnittslagen als zuvor. War bisher weniger als die Hälfte des Stadtgebiets (42%) von einem Zuschlag ausgenommen, sind es nun zwei Drittel (67%). Dies trifft vor allem Lagen rund um den Gürtel und im Westen Wiens.
Sandrini weist darauf hin, dass die neue Karte zwar eine Hilfe, rechtlich aber nicht verbindlich sei. „Es ist wichtig zu wissen, dass es sich bei den in der Karte erwähnten Beträgen um maximal mögliche Lagezuschläge – also Obergrenzen und nicht Fixbeträge – handelt. Nur bei idealtypischen Lagen können die Höchstbeträge erreicht werden.“ Bei ungerechtfertigten oder zu hohen Lagezuschlägen empfiehlt Sandrini Mietern, sich an die MVÖ zu wenden.
Für MVÖ-Präsident Georg Niedermühlbichler ist die neue Karte „ein wichtiger Schritt der Gemeinde Wien“. Einmal mehr sei nun allerdings die Bundesregierung in der Pflicht, sagt Niedermühlbichler: „Die Bundesregierung hat es in der Hand, den Lagezuschlag endlich ganz abzuschaffen. Dieser Zuschlag bildet nur Investitionen der Stadt ab, von denen dann private Vermieter profitieren.“
Angesichts enorm steigender Mieten im privaten Sektor sei es höchste Zeit, nun auch auf Bundesebene zu handeln, fordert Niedermühlbichler: „Ein faires Mietrecht ist längst überfällig.“
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