Oberösterreich, Österreich 07.12.2018
14 (!) bzw. gar 19 (!) Jahre nach Generalsanierungen ihrer Objekte wollen zwei gemeinnützige Bauvereinigungen aus Linz die Mieter nun dafür zur Kasse bitten. Die MVÖ Oberösterreich vertritt die Betroffenen im Kampf gegen die Erhöhungen.
Zwei Linzer Gemeinnützige Bauvereinigungen (GBV) haben bei der Schlichtungsstelle des Magistrates Linz Anträge eingebracht, bei denen teilweise dramatische Erhöhungen des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages (EVB) beantragt wurden.
Fall 1
Bei einer Wohnanlage in Linz-Urfahr beantragte die GBV eine Erhöhung des EVB um 4,23 Euro pro Quadratmeter plus 10% USt. - brutto demnach um 4,65 Euro mehr als zuvor.
Die von der Mietervereinigung vertretene Mieterin würde für ihre 84-Quadratmeter-Wohnung statt aktuell 527 Euro um 388 Euro mehr, also 915 Euro Gesamtmiete bezahlen. Die Sanierung hat hier im Jahr 1999 stattgefunden.
Fall 2
Von einem zweiten, von einer anderen GBV eingebrachten Antrag sind 508 (!) Wohnungen in Linz-Kleinmünchen betroffen. Der Rückstand aus der Instandhaltungsabrechnung beläuft sich dort auf mehr als 7,3 Millionen Euro. Die GBV blieb seit 2004 untätig, obwohl die Großinstandsetzung bereits damals durchgeführt wurde. Den Mietern wurde im Jahr 2004 ein Schreiben übermittelt, wonach die Kosten der Generalsanierung aus den laufenden EVBs bezahlt werden können.
Mieter wehren sich
Die betroffenen Mieter werden von der MVÖ vertreten und erkennen die Einberechnung des Abganges aus der EVB-Abrechnung von exakt 884.993,62 Euro in Urfahr (Fall 1) bzw. exakt 7.391.216,90 Euro in Kleinmünchen (Fall 2) nicht an.
»Die GBVs wären in der Vergangenheit dazu verpflichtet gewesen, die Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten aus den eingehobenen EVBs zu finanzieren«, sagt Sonja Toifl-Campregher, Landesgeschäftsführerin der MVÖ Oberösterreich. Sollte sich bereits in der Vergangenheit gezeigt haben, dass die gesetzlich zulässigen EVBs nicht ausreichen, wären die GBVs verpflichtet gewesen, einen Antrag bei der Schlichtungsstelle auf Erhöhung der zulässigen EVBs einzubringen, erklärt Toifl-Campregher.
Später Antrag
Die Folge eines solchen Antrags: Die Behörde lässt im Rahmen des Verfahrens die Notwendigkeit sowie die Preisangemessenheit der beantragten Erhaltungsarbeiten von einem Amtssachverständigen prüfen. Dieser Überprüfung haben sich die GBVs entzogen, indem sie die Großsanierungen ohne Antragstellung durchführten. Nun, mehr als 10 Jahre nach deren Durchführung, machen sie die damals aufgewendeten Ausgaben in ihren Anträgen bei der Schlichtungsstelle geltend.
Die Mieter sind der Ansicht, dass die GBVs nicht den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit entsprechend gehandelt hätten. »Der Abgang hat sich in den letzten Jahrzehnten aufgrund eines nicht vorausschauenden und unverantwortlichen Agierens der GBVs in dieser Höhe angesammelt und kann nun keinesfalls zu Lasten der Mietparteien innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums von 20 bzw. 10 Jahren abgebaut werden«, sagt Toifl-Campregher.
Zinssatz zu hoch
Gleichzeitig profitiere die GBV von diesem Minus. Denn sie habe hier Eigenmittel eingesetzt und verrechne entsprechend dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) einen Zinssatz von 3,5%.
Angesichts der momentanen Niedrigzinsphase sei dieser Zinssatz keinesfalls gerechtfertigt. »Damit wird das Minus in der jeweiligen Wohnhausanlage noch größer und die Mieter werden mit einem überhöhten Deckungsfehlbetrag belastet«, so Toifl-Campregher.
Die MVÖ Oberösterreich hat die Vorgangsweise der GBV als unzulässig bestritten und in den anhängigen Verfahren vor der Schlichtungsstelle vorgebracht. Sie drängt darauf, dass die beantragten Erhöhungen von der Behörde nicht genehmigt werden.
Info: Was ist der EVB?
Der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag (EVB) ist eine Entgeltkomponente, die der Vermieter beim Mieter einhebt. Der EVB stellt ein zweckgebundenes Geld für Reparaturen oder Verbesserungen dar, für deren Durchführung der Vermieter zuständig ist. Gesetzlich geregelt ist der EVB ausschließlich im Bereich der Wohnungen von gemeinnützigen Bauvereinigungen (»Genossenschaften«).
Grundsätzlich entscheidet die Genossenschaft, wie hoch der EVB ist, der monatlich eingehoben wird. Das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) setzt jedoch Höchstgrenzen fest – seit 1.7.2016 dürfen bis zu einem Gebäudealter von 5 Jahren maximal 0,50 Euro/m² verrechnet werden. Danach darf der Betrag jährlich um 6 Cent angehoben werden. Somit kann der EVB kontinuierlich ansteigen, bis ein Höchstwert von 2 Euro/m² erreicht wird.
Kommt die Genossenschaft bei umfassenden Erhaltungsarbeiten nicht mit dem EVB aus, kann bei Schlichtungsstelle oder Gericht eine Erhöhung beantragt werden.
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