Österreich, Recht, Wien 24.05.2019
Noch als Studenten hatten zwei junge Wiener eine Wohnung im Karmeliterviertel gemietet und dafür jahrelang einen weit überhöhten Mietzins bezahlt. Die Experten der Mietervereinigung konnten helfen.
Die Vorgeschichte des Falles reicht zurück bis ins Jahr 2003. Damals mieteten zwei Studenten in einer ruhigeren Ecke des Wiener Karmeliterviertels - das zentrumsnahe Grätzel zwischen Donaukanal und Augarten begann gerade aufzublühen – gemeinsam eine Wohnung im 3. Stock eines klassischen Altbaus. Die beiden unterschrieben einen auf 3 Jahre befristeten Mietvertrag, der reine Netto-Hauptmietzins betrug ursprünglich 553,77 Euro.
2006 verlängerten die Vermieter den befristeten Vertrag um weitere 10 Jahre. Da zwischenzeitlich der Mietzins immer wieder angehoben wurde, zahlten die beiden Mieter ab April 2014 bereits knapp 690 Euro netto. Ende 2015 kündigten sie schließlich den Vertrag. Um bei der Rückgabe der Wohnung auf Nummer sicher zu gehen, wandten sie sich an die Mietervereinigung (MVÖ).
Fehler im Mietvertrag
Den MVÖ-Experten fielen bei der Durchsicht des Mietvertrags mehrere Punkte auf:
• Schon zu Mietbeginn im Jahr 2003 lag der vertraglich vereinbarte Hauptmietzins deutlich über dem zulässigen Richtwertmietzins.
• Trotz zweier Befristungen (erst auf 3 Jahre, danach auf 10 Jahre) wurde der gesetzliche Befristungsabschlag von 25 Prozent nicht berücksichtigt.
• Im Mietvertrag wurde zwar darauf hingewiesen, dass ein Lagezuschlag berücksichtigt worden sei und als vereinbart gelte, allerdings wurden die dazu maßgebenden Umstände nicht schriftlich bekannt gegeben.
Mietzins-Verfahren
Nach Rückgabe der Wohnung leiteten die MVÖ-Experten ein Mietzins-Verfahren bei der Schlichtungsstelle ein. Dass dies – fast 13 Jahre nach Abschluss des Mietvertrages – noch möglich war, erklärt sich mit der Befristung: Während bei unbefristeten Verträgen ein Mietzins-Verfahren binnen 3 Jahren nach Abschluss eingeleitet werden muss, können Mieter, deren Mietvertrag befristet war, noch bis zu 6 Monate nach dessen Auflösung eine Überprüfung verlangen.
Im Zuge des Verfahrens ermittelte die Magistratsabteilung 25 (Stadterneuerung und Prüfstelle für Wohnhäuser) die Höhe des rechtlich zulässigen Netto-Hauptmietzinses mit 255 Euro – weniger als die Hälfte des von den Vermietern im Jahr 2003 ursprünglich verlangten Betrags von 553,77 Euro. Nachdem die Miete zwar mehrmals erhöht, den Mietern jedoch nie Wertsicherungsschreiben zugestellt wurden, addierte sich die Überschreitung im Lauf der Jahre auf über 50.000 Euro – ein kleines Vermögen, das die Mieter nun zurückerhalten.
MVÖ-Teamleiterin Marisa Perchtold vertrat die Mieter im Verfahren. Für sie ist der Fall exemplarisch: »Der Großteil der von uns überprüften Altbau-Mieten ist überhöht. Der gesetzliche Richtwert wird oft deutlich überschritten, häufig in Kombination mit unrechtmäßig verlangtem Lagezuschlag und fehlendem Befristungsabschlag.« Perchtold rät, im Zweifel eine Beratung bei den Mietrechts-Experten der MVÖ in Anspruch zu nehmen.
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