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Österreich, Service, Wien 19.03.2021

Altbau in Neubau

  • Altbau in Wien - SujetFoto: M.Nachtschatt

Mehr als 9.500 Euro erstritten die Experten der Mietervereinigung für zwei Mieter in Wien. Am Ende stand eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH).

 

Die Geschichte beginnt in einem Altbau in Neubau: Im Dezember 2012 unterschrieben Ella D.* und Julian S.* einen Mietvertrag für eine kleine Wohnung im 7. Wiener Gemeindebezirk. Zwei Zimmer, Küche, Bad, WC auf nicht einmal 46 Quadratmetern im dritten Stock ohne Lift. Der Mietvertrag war auf drei Jahre befristet. Im Jänner 2013 bezogen die beiden Mieter die Wohnung und bezahlten in der Folge eine Bruttomiete von über 570 Euro.

Im Februar 2016, kurz nach Ende ihres Mietverhältnisses, wandten sich Ella D. und Julian S.  an die Mietervereinigung (MVÖ). Bei der Prüfung des Mietvertrags fielen den Experten mehrere Dinge auf; so wurde für »mitvermietete Einrichungsgegenstände« eine zusätzliche Möbelmiete verrechnet und darüber hinaus ein Lagezuschlag für eine überdurchschnittliche Lage angeführt, obwohl sich die Liegenschaft gemäß amtlichem Straßenverzeichnis in einem sogenannten »Gründerzeitviertel« befindet – für die eben kein Lagezuschlag zulässig ist, weil die Lage als durchschnittlich eingestuft wird.

Die MVÖ brachte den Fall umgehend vor die Schlichtungsstelle, um den zulässigen Richtwert-Mietzins feststellen zu lassen. Im Mai 2016 zog die Vermieterin das Verfahren jedoch von der Schlichtungsstelle ab, der Fall landete damit vor dem Bezirksgericht (BG). Nach einigem Hin und Her um das Gutachten eines Sachverständigen und einem Richterwechsel lag erst im September 2019 ein Sachbeschluss vor.

Möbelmiete vom Tisch
Das BG erklärte die zusätzliche Möbelmiete für unzulässig, weil im Mietvertrag nur »mitvermietete Einrichtungsgegenstände« genannt wurden und damit offen blieb, was damit gemeint war. Hintergrund: Eine Möbelmiete muss im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) ausdrücklich vereinbart werden. Das war hier nicht der Fall und damit war die Möbelmiete vom Tisch.

Die Frage der Lage
Etwas komplizierter wurde es bei der zweiten Frage, ob ein Lagezuschlag zulässig sei. Denn: Befindet sich laut amtlichem Straßenverzeichnis das Haus in einem Gründerzeitviertel und ein Vermieter verlangt trotzdem einen Lagezuschlag, dann muss er beweisen, dass kein Gründerzeitviertel mehr vorliegt und die Wohnlage darüber hinaus als überdurchschnittlich einzustufen ist. Das BG stufte die Lage im konkreten Fall als durchschnittlich ein – womit auch kein Lagezuschlag zulässig war.
Die Vermieterin brachte einen Rekurs gegen diese Entscheidung ein, wodurch nun als nächste Instanz das Wiener Landesgericht (LG) gefragt war. Im April 2020 schmetterte auch das LG den Lagezuschlag ab. Von »Zentrumsnähe« bzw. »zentraler Lage« könne man nicht ausgehen, weil eine Parallelstraße weiter bereits der Gürtel liege. Die Anbindung an den öffentlichen Verkehr durch Straßenbahn und Bus sei typisch für eine Lage innerhalb des Gürtels und lasse sie nicht überdurchschnittlich erscheinen – weswegen gar nicht mehr näher geprüft werden müsse, ob die Liegenschaft überhaupt außerhalb eines Gründerzeitviertels liege, so das LG.

OGH zum Lagezuschlag
Die Vermieterin legte einen Revisionsrekurs ein, die Geschichte landete beim Obersten Gerichtshof (OGH). Im Dezember 2020 langte schließlich die Entscheidung des OGH ein. Auch der OGH verneinte einen Lagezuschlag und wies erneut darauf hin, dass nicht jegliche Lage außerhalb eines Gründerzeitviertels überdurchschnittlich sein kann. Darüber hinaus sei »auch in den Fällen der Entwicklung des konkreten Wohnviertels zu einem „Nicht-(mehr-)Gründerzeitviertel“ nach § 16 Abs 3 und 4 MRG zu prüfen, ob das „Nicht-(mehr-)Gründerzeitviertel“ besser als die durchschnittliche Lage ist und ein Lagezuschlag berücksichtigt werden kann«, so der OGH. »Sowohl Geschäfte des täglichen Bedarfs in unmittelbarer Umgebung als auch die Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz durch eine U-Bahn- sowie Straßenbahnstationen in erreichbarer Nähe sind im dicht verbauten Stadtgebiet zu erwarten« und kein Hinweis auf eine überdurchschnittliche Lage, heißt es in der Entscheidung.

Die konsequente Vertretung durch die MVÖ zahlt sich nun für die Mieter aus: Sie erhalten mehr als 9.500 Euro zurück.

 

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