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Österreich, Recht, Service 09.04.2021

Lärm - Was Mieter dagegen tun können

  • Von Lärm genervter Mieter - Foto: ljubaphoto/istockphoto.com

Pandemiebedingt verbringen wir alle mehr Zeit zu Hause - das lässt nachbarschaftliche Konflikte gedeihen. Was können Mieter, die sich von Lärm belästigt fühlen, dagegen tun?

 

»In den modernen Wohnungen muss noch manches besser werden. Zum Beispiel kann man zwar hören, was für ein Fernsehprogramm der Nachbar eingestellt hat, aber man sieht es noch nicht.« Karl Farkas

Jeder dritte Österreicher fühlte sich 2019 in seiner Wohnung durch Lärm belästigt: Auf Platz eins der Störquellen lag Verkehrslärm. Auf Platz zwei folgten bereits die Nachbarn – und das noch vor Beginn der Pandemie. Am meisten von Lärm gestört zeigten sich die Wiener, und hier vor allem jene, die in Gründerzeithäusern (errichtet vor 1919) wohnen.

Die Grenze zwischen Geräusch und Lärm ist subjektiv; der Schallpegel, gemessen in Dezibel (dB), ist dagegen objektiv messbar. Der eingangs vom unvergessenen Karl Farkas erwähnte Fernseher liefert bei Zimmerlautstärke etwa 60 dB. Ein Staubsauger kommt im Schnitt bereits auf 70 dB. Der auf den ersten Blick moderat wirkende Unterschied von 10 dB ist für unsere Wahrnehmung tatsächlich immens und bedeutet eine Verdoppelung des Lautheitseindrucks.

Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge soll in einem Schlafraum ein Dauerschallpegel von 30 dB und ein Spitzenschall von 45 dB nicht überschritten werden, um Menschen vor Schlafstörungen zu schützen. Wer länger konzentriert arbeiten muss – beispielsweise im Homeoffice -, wird ab einer Geräuschintensität von etwa 50 dB gestört.

Lärm aus rechtlicher Sicht
Rechtlich wird Lärm – wie zB. Geruch oder Licht - als einwirkende »Immission« verstanden, erklärt Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende der Mietervereinigung Wien. Der Umgang mit Störungen durch Immissionen wird nicht im Mietrechtsgesetz (MRG) geregelt, sondern auf der einen Seite durch Landesgesetze und auf der anderen Seite durch Vorschriften zum so genannten Nachbarrecht im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB).

Rücksichtnahme
Im Nachbarrecht des ABGB ist das sogenannte Rücksichtnahmegebot (§ 364) verankert, das die Freiheiten des Einzelnen dort enden lässt, wo der Nachbar beeinträchtigt wird. Als Nachbarn gelten dabei alle, die im Einflussbereich einer Liegenschaft leben. Diese nachbarrechtlichen Vorschriften gelten nicht nur für Grundstücke sondern sinngemäß auch für Wohnungen.

Ruhezeiten
Ruhezeiten sind in Österreich nicht einheitlich geregelt. Wann der Rasenmäher oder die Waschmaschine in Betrieb gehen dürfen, ist von Ort zu Ort verschieden. Empfehlenswert ist daher immer eine Recherche bei der Gemeinde. Generell gelten meist Ruhezeiten von 22.00 bis 6.00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen ganztags.

Ortsüblichkeit und Zumutbarkeit
Klar ist: Ortsübliche und zumutbare Beeinträchtigungen muss man hinnehmen. Bei der Beurteilung, was ortsüblich ist, kommt es auf die unmittelbare Wohnumgebung an. Beispielsweise ist das Krähen eines Hahnes in einem dörflich-ländlichen Gebiet durchaus üblich, wie der Oberste Gerichtshof (OGH) in einem Urteil (4 Ob99/12f) feststellte. Lärm durch stundenlange Proben einer Heavy-Metal-Band beurteilte der OGH auch im dicht verbauten Stadtgebiet als nicht ortsüblich (2 Ob166/14x). Was wiederum zumutbar ist, wird nicht durch das subjektive Empfinden des sich gestört fühlenden Nachbarn, sondern das eines Durchschnittsmenschen, der sich in der Lage des Gestörten befindet, bestimmt.

Wie laut ist zu laut?
Für eine Störung durch Lärm gibt es keinen bestimmten dB-Pegel; die Beurteilung erfolgt immer im konkreten Einzelfall. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass herbeigerufene Polizisten beurteilen können, ob bei einer konkreten Lärmbelästigung das Maß des Erträglichen überschritten ist.

Was kann der Mieter tun?
»Wenn man sich von einem lärmenden Nachbarn gestört fühlt, hilft am besten das Gespräch«, rät Hanel-Torsch. Bringt das keine Lösung, dann haben Mieter im Prinzip drei Möglichkeiten.

1. Der Mieter kann den Sachverhalt bei der Polizei anzeigen, denn die Erregung störenden Lärms in ungebührlicher Weise stellt nach den jeweiligen Landespolizeigesetzen einen Verwaltungsstraftatbestand dar. Dabei ist immer im Einzelfall zu prüfen, ob eine angezeigte Lärmerregung störend und ungebührlich ist. Die Beurteilung erfolgt in der Regel durch die Polizei. Die Behörde kann in der Folge eine Verwaltungsstrafe aussprechen. In Wien droht einem Lärmstörer eine Geldstrafe bis zu 700 Euro.

2. Der Mieter kann direkt gegen den störenden Nachbarn vorgehen und gegen ihn eine Klage (gemäß § 364 ABGB) einbringen, womit dem Störer die Pflicht auferlegt werden soll, die Störungen künftig zu unterlassen.

3. Der Mieter kann sich aber auch an seinen Vermieter wenden und von diesem Abhilfe verlangen. Der Vermieter hat die Pflicht, Mieter gegen Störungen Dritter zu schützen. Da dieser Anspruch aber nur bei einer wesentlichen Störung entsteht, wird das in Einzelfällen nicht sinnvoll sein.

Im Wiederholungsfall sieht die Sache anders aus. Wenn ein Mieter den anderen das Zusammenleben auf Dauer verleidet, indem er rücksichtslos lärmt, kann das sogar ein Kündigungsgrund sein.

Mietzinsminderung
Wenn durch Lärm der vertragsgemäße Gebrauch des Mietgegenstands nicht mehr möglich ist, sind Mietzinsminderungen möglich. Für Lärmbelästigungen wurden bislang seitens der Gerichte maximal 25 Prozent Mietminderung zugestanden.

Hanel-Torsch: »Wir raten unbedingt dazu, vor einer Mietminderung Fachleute wie unsere Juristen zu kontaktieren, da jede unvollständige Mietzinszahlung zu einer Mietzins- und/oder Räumungsklage führen kann.«

Weitere Infos
Zimmerlautstärke
Musikinstrumente mit Laut-stärkenreglern, Fernseher und Stereoanlage sollten auch untertags lediglich auf Zimmerlautstärke gespielt werden. Diese Lautstärke wird einer OGH-Entscheidung zufolge dann eingehalten, »wenn die Geräusche innerhalb der Wohnungen der übrigen Bewohner nicht mehr oder doch kaum noch vernommen werden können, sodass die Nachbarn dadurch auch nicht wesentlich gestört werden.«

Beispiele für Verwaltungsstrafen - Lärmerregung:
• Betreiben einer Waschmaschine (lautes Schleudern) nach 22 Uhr
• Lautes Radiospielen um 6 Uhr früh
• Alleinlassen eines über einen längeren Zeitraum bellenden Hundes in der Wohnung.

 

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