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Österreich, Rechtsprechung, Service 02.10.2023

Was die OGH-Entscheidung zur Wertsicherung in Mietverträgen bedeutet

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Die Experten der Mietervereinigung haben die Entscheidung des OGH zur Wertsicherung in Mietverträgen analysiert und informieren an dieser Stelle über ihre Einschätzungen.

 

In einem Verbandsverfahren gegen einen Vermieter, der 25 Häuser in Wien und Niederösterreich besitzt, wurden Klauseln in den Vertragsformblättern eines Mietvertrags beanstandet. Formulierungen wie „Die Entfernung der mitvermieteten Einrichtungsgegenstände ist nicht gestattet“ oder „Verfliesungen innerhalb des Mietobjektes dürfen nicht angebohrt werden“ und „Bauliche Veränderungen dürfen nicht vorgenommen werden“ wurden durch den OGH im März 2023 als „gröblich benachteiligend“ für Mieter und daher als nicht zulässig eingestuft.  

 

OGH: Wertsicherungsklausel unzulässig
Für Diskussionen – und viele Anfragen bei der Mietervereinigung - sorgte jedoch die Entscheidung zu einer Wertsicherungsklausel. Die Formulierung darin: „Der Netto Mietzins von € [...] wird auf den vom österreichischen Statistischen Zentralamt verlautbarten Index der Verbraucherpreise 1976 wertbezogen. Sollte dieser Index nicht verlautbart werden, gilt jener als Grundlage für die Wertsicherung, der diesem Index am meisten entspricht. “ Der OGH entschied, dass diese Klausel nicht den Anforderungen des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG) entspricht [Link: Entscheidung des OGH als PDF].

 

Die Bestimmung lasse bei kundenfeindlichster Auslegung eine einseitige Festlegung durch den Vermieter zu. Auch Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen hätten sich an den Erfordernissen des Konsumentenschutzgesetzes messen zu lassen, so der OGH. Neben der sachlichen Rechtfertigung müssten folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Zweiseitigkeit, Festlegung im Vertrag und Unabhängigkeit vom Willen des Unternehmers. Weil im Vertrag Kriterien dafür fehlen, welcher Index dem Verbraucherpreisindex am meisten entspreche und wer dies beurteile, sei die Klausel unzulässig. „Im Übrigen verstößt die Klausel auch gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG, weil bei kundenfeindlichster Auslegung schon in den ersten beiden Monaten nach Vertragsabschluss eine Entgeltänderung eintreten könnte.“

 

Im KSchG ist an der o.a. Stelle geregelt, dass eine Vertragsbestimmung für einen Verbraucher nicht verbindlich ist, wenn dem Unternehmer „auf sein Verlangen für seine innerhalb von zwei Monaten nach der Vertragsschließung zu erbringende Leistung ein höheres als das ursprünglich bestimmte Entgelt zusteht.“ Nur, wenn der Unternehmer beweisen kann, dass eine solche Klausel im Einzelnen ausgehandelt worden ist, wäre sie zulässig.

 

Was die Entscheidung bedeutet
Praktisch könnte die Entscheidung bedeuten, dass eine solche Wertsicherungsklausel in Mietverträgen unwirksam wird – auch rückwirkend. Doch noch ist es nicht soweit. Denn: Im konkreten Fall hatte sich der OGH mit einer Verbandsklage auseinanderzusetzen und damit das Prinzip der kundenfeindlichsten Auslegung der Klausel anzuwenden. Geprüft wurde also nicht, ob die Klausel in einem konkreten Vertragsverhältnis zulässig ist, sondern im allgemeinen Rechtsverkehr. Erst wenn eine Entscheidung dazu in einem konkreten Individualverfahren seitens des OGH vorliegt, wird man Rückschlüsse auf andere Mietverträge ziehen können.

 

Zu beachten ist auch, dass die o.a. Klauselentscheidung nur Verbrauchergeschäfte (= Geschäfte zwischen Unternehmer und Verbraucher) betrifft. Als Unternehmer gilt, wer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, wobei die Judikatur davon ausgeht, dass jemand, der mehr als 5 Wohnungen vermietet, als Unternehmer zu qualifizieren ist – wobei aber stets die Umstände des Einzelfalls maßgeblich sind. Als Verbraucher wiederum gilt, wer eine Wohnung für eigene Wohnzwecke anmietet.

 

Wie es nun weitergeht
Nun braucht es Geduld. Aus der Entscheidung des OGH lässt sich noch nicht pauschal beurteilen, ob eine konkrete Wertsicherung rechtens ist oder nicht. Es braucht nun, wie zuvor erörtert, weitere Entscheidungen in spezifischen Einzelfällen, da der OGH nur nebenbei mit § 6 Abs 2 Z 4 KSchG eine weitere Begründung für die Unwirksamkeit ins Treffen geführt hat. Erst nach Vorliegen dieser Entscheidungen vor dem OGH wird man Rückschlüsse auf andere Mietverträge ziehen können. Sammelklagen wird es nicht geben, denn bei Mietverträgen handelt es sich um Einzelverträge.

 

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