Österreich, Service 02.07.2018
Schimmel in der Wohnung? Im Gespräch mit Fair Wohnen erklärt Gerichtssachverständiger Bernhard Hartenthaler, wie Schimmelpilze in Innenräumen entstehen, worauf es bei einer fachgerechten Sanierung ankommt und wie man das Risiko eines Befalls minimieren kann.
In jedem 5. Haushalt in Österreich findet sich Schimmel, etwa jeder 10. Haushalt weist einen problematischen Schimmelpilzbefall auf. Die Ursachen für Schimmel können sehr vielfältig sein, haben aber eines gemeinsam: Feuchte.
Wie erkennt man Schimmel?
Kennzeichen für Schimmelbefall sind dunkle Flecken an der Wand oder ein muffig-modriger Geruch. Schimmel kann auch verdeckt auftreten, zum Beispiel hinter Schränken, Tapeten oder in Fußböden.
Wie gefährlich ist Schimmel?
"Schimmelpilzbefall in Innenräumen stellt ein Gesundheitsrisiko dar", sagt Sachverständiger Bernhard Hartenthaler. In Studien konnte der Zusammenhang von Schimmelpilzbelastung mit Atemwegsbeschwerden nachgewiesen werden, wobei immungeschwächte und allergische Personen besonders gefährdet sind.
Wie entsteht Schimmel?
Die Sporen von Schimmelpilzen sind ein ganz natürlicher Bestandteil der Luft. Finden diese Sporen die richtigen Wachstumsbedingungen vor, wächst ein Schimmelpilz. Dieser bildet ein Wurzelgeflecht ("Mycel"), welches wiederum Sporen freisetzt.
"Erhöhte Feuchtigkeit ist der wichtigste Faktor für das Pilzwachstum", erklärt Hartenthaler. Ab einer relativen Oberflächenfeuchte von etwa 80 Prozent sei mit Schimmelpilzwachstum zu rechnen. "Es kann also bereits zu Pilzwachstum kommen, bevor die Taupunkttemperatur erreicht und Wasser kondensiert ist."
Neben der Feuchtigkeit braucht der Pilz geeignete Nahrung in Form organischer Stoffe. Diese findet er in vielen Bau- und Einrichtungsmaterialien. "Es reicht auch schon Staub", sagt Hartenthaler.
Wo kommt die Feuchte her?
Undichte Stellen in der Gebäudehülle oder bei Leitungen sind meist durch punktuelle Wasserschäden gut zu erkennen.
Schwieriger wird die Ursachenforschung bei Kondensationserscheinungen. Der Experte skizziert die bauphysikalische Grundlage: "Die in der warmen Innenraumluft enthaltene Feuchtigkeit kann an der Innenseite kalter Außenwände kondensieren. Je höher die Luftfeuchtigkeit, umso höher ist die Temperatur, bei der Tauwasser anfallen kann. In vielen Fällen beginnen Kondensationserscheinungen bei einer Bauteiltemperatur unter 13 °C an der raumzugewandten Seite. Ein zu feuchtes Raumklima kann also ebenso zu Schimmelbefall führen wie zu kalte Außenwände." Hier sind die genauen Ursachen oft nur durch längere Messungen des Raumklimas und der Bauteiltemperaturen bzw. einer Gebäudethermografie ergründbar.
Schließlich geht es um eine wesentliche Frage: Wurde der Schimmelpilzbefall durch falsches Nutzerverhalten oder durch Mängel in der Bausubstanz (wie unzureichende Wärmedämmung oder Wärmebrücken) hervorgerufen?
Ursachen bekämpfen
Gegen ein zu feuchtes Raumklima kann der Nutzer selbst vorgehen. Interne Feuchtigkeitsquellen (Wäschetrocknen, Aquarium etc.) können entfernt sowie durch regelmäßiges Stoßlüften die Feuchtigkeit nach Außen abgeführt werden.
Zu kalten Außenbauteilen kann durch eine außenliegende Wärmedämmung zu Leibe gerückt werden. "Wärmedämmungen an der Rauminnenseite sollte man möglichst vermeiden", warnt Hartenthaler. "Unsachgemäß ausgeführte Innendämmung kann die Situation noch verschlechtern." Wenn eine Außendämmung nicht möglich sei, sollte man unbedingt einen Bauphysiker zu Rate ziehen.
"Wird die Ursache behoben, kann der Schimmel nicht weiter wachsen und es sind abschließend die schon bestehenden Schimmelpilze zu entfernen. Werden nur die Symptome behandelt und entfernt, wird der Schimmel bald wieder da sein."
Sanierung
Neben der Behebung der Ursache ist natürlich auch eine Sanierung erforderlich. "Achtung vor Wundermitteln und Wunderverfahren, die unabhängig von der Schadensursache nur die Symptome bekämpfen", warnt der Experte. "Die Erfahrung zeigt, dass ein Teil der angebotenen Verfahren teilweise jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt und keine Ursachenbehebung enthält. Die Wiederkehr des Schimmels ist so gewiss."
Hartenthaler rät, sich ein Sanierungskonzept von unabhängigen Fachleuten erstellen zu lassen. Wesentliche Grundlagen einer Sanierung sind:
Do's & Don'ts bei Schimmel
Do's
Don'ts
Info der Mietervereinigung: Wer haftet bei Schimmel in der Wohnung?
Die Beseitigung von Schimmel in der Mietwohnung zählt zu den notwendigen Erhaltungsarbeiten im Mietrechtsgesetz und kann rechtlich durchgesetzt werden. Voraussetzung ist, dass vom Schimmel eine ernste Gefährdung für die Substanz des Hauses oder die Gesundheit der Bewohner ausgeht.
Ernster Schaden
Ein ernster Schaden liegt vor, wenn der Verputz und die Bausubstanz und nicht nur die Wandoberfläche von Schimmel betroffen ist.
Ist ein Nutzerfehlverhalten auszuschließen, muss der Hauseigentümer die Sanierung veranlassen und die Kosten tragen. Das gleiche gilt für Baumängel.
Unverzüglich melden
Der Mieter muss den Schimmel unverzüglich dem Vermieter melden. Die Mietervereinigung rät, den Vermieter (schriftlich und wenn möglich mit Fotos) auf den Schaden aufmerksam zu machen und die Reparatur einzufordern.
Mietzinsminderung
Da es bei Schimmel zu einer Gesundheitsgefährdung kommt, liegt eine wesentliche Beeinträchtigung des Mietrechtes vor. Das Gesetz sieht für solche Fälle das Recht zur Minderung des Mietzinses vor. Dies gilt für alle Arten von Mietverhältnissen. Es ist nicht von Bedeutung, wann das Gebäude errichtet wurde. Einen Anspruch auf Mietzinsminderung haben auch Mieter eines Ein- oder Zweifamilienhauses.
Die Mietervereinigung empfiehlt, vor einer Mietminderung unsere JuristInnen zu konsultieren, denn: Bezahlt man weniger Miete als vorgeschrieben ein, riskiert man eine Mietzins- und Räumungsklage. Es gibt aber die Möglichkeit, einen eingeschriebenen Brief an Vermieter bzw. Hausverwaltung zu schicken, die Beeinträchtigungen aufzuzählen und zu erklären, dass man die Miete nur noch unter Vorbehalt einer Mietzinsminderung einbezahlt.
Wichtig ist es, weiterhin die Miete in voller Höhe einzuzahlen. Die Erklärung, dass man die Miete nur noch unter Vorbehalt einbezahlt, ermöglicht es, später vor Gericht zu gehen und einen Teil der Miete als Mietzinsminderung einzuklagen. Womöglich ist vor diesem Schritt eine Einigung mit dem Vermieter möglich.
Mehr Infos zum Thema:
Bernhard Hartenthaler ist Architekt und Gerichtssachverständiger für Hochbau und Architektur sowie Innenarchitektur: www.sv-hartenthaler.at