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Österreich, Service, Wien 05.09.2019

29.000 Euro für Altbau-Mieterin in Wien

  • Mieterin im Altbau; Sujet - Foto: golibo/istockphoto.com

Für eine Mieterin erkämpften die Experten der Mietervereinigung in Wien 29.000 Euro. Der Fall kam durch eine vermeintliche Kleinigkeit ins Rollen.

 

Als Anita Kleinert* einen Beratungstermin im Servicecenter der Wiener Mietervereinigung vereinbarte, ging es ihr eigentlich nur darum, eine nicht ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung zu urgieren. Bei der Überprüfung ihres Mietvertrags fiel den Experten der MVÖ aber sofort der unverhältnismäßig hohe Mietzins auf: für die 74 Quadratmeter große Altbau-Wohnung im 9. Bezirk verlangte die Vermieterin 860 Euro netto – also 11,61 Euro pro Quadratmeter, mehr als das Doppelte des zu Vertragsabschluss gültigen gesetzlichen Richtwerts von 5,16 Euro. Dazu kam, dass das Mietverhältnis von Kleinert befristet war – was einen Abschlag von 25 Prozent zur Folge haben müsste. Weil im Vertrag ausdrücklich vermerkt war, dass dieser Abschlag bereits berücksichtigt worden sei, hätte der ursprüngliche Mietzins für die Wohnung somit satte 15,47 Euro pro Quadratmeter betragen!

Die MVÖ-Experten leiteten ein Mietzins-Verfahren bei der Schlichtungsstelle ein. Im Zuge des Verfahrens – das die Gegenseite zu Gericht abzog – mühte sich der Anwalt der Vermieterin, die Miethöhe zu rechtfertigen: Die Wohnung habe eine Loggia, deren Nutzfläche (12,6 Quadratmeter) der Wohnnutzfläche hinzuzurechnen sei; außerdem sei Inventar mitvermietet worden und daher praktisch eine Möbelmiete in den Mietzins integriert.

Beide Einwände wurden jedoch von der MVÖ entkräftet. »Eine Loggia liegt dann vor, wenn sie auf fünf Seiten räumlich zur Gänze durch Boden, Wände, Decke, also durch massive Elemente wie Mauerwerk oder verglaste Aluminiumkonstruktion umbaut ist. Im gegenständlichen Fall waren genau diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Tatsächlich handelte es sich um einen Balkon. Die Nutzfläche eines Balkons ist aber nicht zur Nutzfläche einer Wohnung hinzuzurechnen«, erklärt MVÖ-Teamleiterin Marisa Perchtold. Auch eine von der Gegenseite erwähnte Möbelmiete halte einer Überprüfung nicht stand. »Eine Möbelmiete muss konkret vereinbart werden und auch beziffert werden. Im Mietvertrag war lediglich erwähnt, dass eine Möbelmiete inkludiert sei. Ein solcher Hinweis allein reicht aber nicht aus, da die Höhe der Möbelmiete und in weiterer Folge auch der Richtwertmietzins nicht überprüfbar ist«, sagt Perchtold.

Das Bezirksgericht beauftragte schließlich eine Sachverständige, um den gesetzlich zulässigen Richtwertmietzins für die Wohnung festzustellen. Ergebnis: zulässig sei eine Nettomiete von 572 Euro - abzüglich eines Befristungsabschlages von 25 Prozent also 429 Euro. Nur wenige Tage nach Vorliegen des Gutachtens meldete sich der Anwalt der Gegenseite mit einem ersten Vergleichsangebot. In enger Abstimmung mit Kleinert wurde von der MVÖ nachverhandelt und das Verfahren mit einem Vergleich beendet – die Mieterin erhielt 29.000 Euro zurück.
 

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* Name von der Redaktion geändert

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