Österreich, Recht, Service, Wien 05.12.2019
Die Experten der Mietervereinigung unterstützen Mitglieder in allen Mietrechtsfragen und gehen nicht nur gegen überhöhte Mieten und falsche Betriebskostenabrechnungen vor, sondern auch gegen verbotene Ablösen, wie ein konkreter Fall aus Wien zeigt:
Schon lang war Tanja Krainer (Name von der Redaktion geändert) mit ihrem Freund auf Wohnungssuche in Wien. Schließlich wurde die junge Mutter im 19. Bezirk fündig: Eine Genossenschaftswohnung mit 4 Zimmern, für die der Vormieter ein sogenanntes Präsentationsrecht hatte und somit der gemeinnützigen Bauvereinigung einen geeigneten Nachmieter vorschlagen konnte.
Als Krainer die Wohnung das erste Mal besichtigte, informierte sie der Vormieter von seiner Ablöseforderung für das Wohnungsinventar: 40.000 Euro. Viel Geld für eine junge Familie. Der Vormieter habe jedoch erwähnt, dass man »über diesen Betrag noch diskutieren kann«, erinnert sich Krainer. Bei der dritten Besichtigung der Wohnung setzte der Vormieter schließlich den Betrag für die Ablöse mit 32.500 Euro fest. Krainer war sich unsicher, wollte deshalb Rechnungen für die vom Vormieter getätigten größeren Investitionen wie Küche und Bodenbeläge sehen. Diese Rechnungen habe sie nie erhalten, schildert Krainer – stattdessen gab es nur eine handgeschriebene Inventarliste. Trotzdem: die junge Familie kratzte das Geld zusammen, überwies dem Vormieter die verlangten 32.500 Euro und übernahm die Wohnung.
Krainers Zweifel am Wert der überlassenen Einrichtung wuchsen in der Folge jedoch täglich – sie begann, den Neuwert der Gegenstände zu recherchieren und stellte fest, dass dieser deutlich unter der bezahlten Ablöse lag. Ein Versuch, sich mit dem Vormieter auf eine Rückzahlung eines Teils der Ablöse zu einigen, scheiterte. Krainer wandte sich an die Experten der Mietervereinigung (MVÖ).
Verfahren
Die MVÖ-Juristen strengten ein Verfahren bei der Schlichtungsstelle an – im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) und im Anwendungsbereich des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) können überhöhte Ablösen im Außerstreitverfahren zurückgefordert werden. Im Zuge eines solchen Verfahrens wird der Wert der abgelösten Gegenstände durch Amtssachverständige eruiert.
Kurz nach Eröffnung des Verfahrens langte bei der MVÖ ein Vergleichsangebot des Vormieters ein: Er sei bereit, 10.000 Euro zurückzuzahlen. Krainer lehnte das Angebot jedoch ab und wollte die Entscheidung der Schlichtungsstelle abwarten. Mit Recht: die Gutachter errechneten für das Inventar der Wohnung einen Gesamtgegenwert von nur 14.587,30 Euro – weniger als die Hälfte der bezahlten 32.500 Euro.
»Wenn die Höhe der Ablöse den Wert der abgelösten Investitionen und Möbel übersteigt, liegt eine verbotene Ablöse vor«, erklärt MVÖ-Teamleiterin Marisa Perchtold. Im konkreten Fall hatte Krainer 17.912,70 Euro zu viel bezahlt. Inklusive 4 Prozent Zinsen stand Krainer nun eine Rückzahlung von exakt 19.999,41 zu.
Mietern, von denen Ablösen verlangt werden, rät Perchtold, Zahlungsvereinbarungen ausschließlich schriftlich zu schließen: »Lassen Sie sich Belege für Investitionen und Rechnungen für Einrichtungsgegenstände geben und machen Sie Fotos bei der Wohnungsübergabe. Wenn Sie Zweifel an der Angemessenheit der Ablöse haben, lassen Sie die Möbel bzw. Investitionen schätzen. Bei Unklarheiten vereinbaren Sie am besten einen Beratungstermin bei unseren Experten.«
Info: Ablöse zwischen Vormieter und Nachmieter
Ein Vormieter kann für bauliche Investitionen in eine Mietwohnung oder in Möbel mit einem Neumieter eine Ablöse vereinbaren. Die Höhe der Forderung muss sich am Wiederbeschaffungswert (Zeitwert) orientieren. Dabei ist festzustellen, welcher Betrag aufgewendet werden müsste, um gleichwertige Einrichtungsgegenstände zu beschaffen oder eine gleichwertige Ausstattung des Mietobjektes zu schaffen. Einen exakten Wert festzulegen, kann ohne Sachverständigen schwierig sein.
Ablösezahlungen ohne entsprechend gleichwertige Gegenleistungen sind grundsätzlich unzulässig. Wurde eine unzulässige Ablöse oder zu viel Ablöse verlangt, kann der Nachmieter ein Ablöseverfahren bei der Schlichtungsstelle oder bei Gericht einbringen und den Betrag zurückfordern. Der Rückforderungsanspruch besteht 10 Jahre lang.
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