Österreich 25.06.2018
Zwei von drei neuen Wohnungsmietverträgen werden befristet abgeschlossen. Für Wohnungsmieter bringt eine Befristung weitestgehend Nachteile. MVÖ-Experte Hans Sandrini erklärt, wie umfangreich Mieterrechte bei einem befristeten Vertrag eingeschränkt werden.
In zentrumsnahen städtischen Lagen zeichnet sich ab, dass Wohnungen bald nur noch befristet zu haben sind. Eine Trendwende ist nicht absehbar, weil gesetzliche Anreize hin zu mehr unbefristeten Neuabschlüssen schlichtweg fehlen. Eine fatale Entwicklung, denn Befristungen schränken die Mieterrechte massiv ein.
Die bei einer Wohnungssuche drohenden Mehrkosten für Umzug, Maklerprovision und Kaution führen dazu, dass viele Mieter die ihnen im Mietrechtsgesetz (MRG) an sich zustehenden Rechte nur mehr eingeschränkt in Anspruch nehmen, um es sich mit dem Vermieter nicht zu verscherzen und die Aussicht auf eine Verlängerung nicht zu gefährden.
Mieter, die ihre Rechte wahren wollen, stehen bei befristeten Verträgen oft auf verlorenem Posten. Im Detail:
Kündigungsschutz
Einhergehend mit der Zunahme von Befristungsverträgen wird die Bedeutung des im MRG an sich vorgesehenen Kündigungsschutzes dramatisch reduziert. Eine Kündigungsmöglichkeit sollte dem Vermieter nach der ursprünglichen Zielsetzung des Gesetzes nur bei Mietzinsrückständen, Wegfall des dringenden Wohnbedürfnisses usw. zustehen, nicht aber, wenn sich ein Mieter auf die ihm nach dem Gesetz zustehenden Rechte beruft. Genau dieser Effekt ist aber Ergebnis der stetig voranschreitenden Liberalisierung des Befristungsrechts.
Erhaltungsarbeiten
Dies beginnt bereits damit, dass ein Verfahren auf Durchführung notwendiger Erhaltungsarbeiten gemäß § 3 MRG (z.B. Schimmel, Schäden an Gas- oder Elektroanlage) gewisse Zeit in Anspruch nehmen kann und bei kurzen Befristungen gar nicht durchsetzbar ist.
Eintrittsrechte
Faktisch schränkt eine Befristungsvereinbarung die Eintrittsrechte naher Angehöriger oder Ehegatten gemäß §§ 12, 14 MRG ein. Ein Eintritt in den Mietvertrag ändert nichts an der Befristung.
Kündigung
Einen befristeten Mietvertrag über eine Wohnung im Voll- oder Teilanwendungsbereich des MRG kann der Mieter nach frühestens einem Jahr kündigen. Im Gegensatz dazu sieht das Gesetz bei einem unbefristeten Mietvertrag keine Sperrfrist vor.
Mietzinsüberprüfungen
Zumindest im Falle von Mietzinsüberprüfungen gemäß § 16 Abs 8 MRG wird dem Umstand Rechnung getragen, dass ein Mieter durch eine Antragstellung seine Verlängerungsaussicht gefährden könnte. Daher wird die Dreijahresfrist zur Bestreitung überhöhter Mietzinsvereinbarung bei befristeten Mietverhältnissen bis zu 6 Monate nach Vertragsauflösung verlängert. Allerdings steht diesem Vorteil die mit der Wohnrechtsnovelle (WRN) 2006 eingeführte Rügepflicht des § 15a Abs 2 MRG entgegen. Nach dieser Bestimmung muss ein Wohnungsmieter eine nicht zeitgemäße Badegelegenheit oder mangelnde Brauchbarkeit eines Ausstattungsmerkmals so zeitgerecht rügen, dass der Vermieter noch die Möglichkeit hat, den Mangel innerhalb des aufrechten Mietverhältnisses zu beheben – andernfalls ist der Mangel nicht bei der Kategorieeinstufung zu berücksichtigen.
Befristungsabschlag
Der hauptsächliche Anreiz zum Abschluss unbefristeter Mietverträge besteht im Befristungsabschlag, der einheitlich 25% des zulässigen Hauptmietzinses beträgt. Dabei ist aber zu beachten, dass ein Antrag auf Hauptmietzinsüberprüfung nur im Vollanwendungsbereich des MRG möglich ist, sodass im großen Segment der Teilanwendung gar keine gesetzlichen Anreize zum Abschluss unbefristeter Mietverträge bestehen.
Betriebskostenabrechnung
Hinsichtlich der Bestreitung von Betriebskostenabrechnungen gilt die Verlängerung der Verjährungsfrist des § 16 Abs 8 MRG nicht. Somit gilt auch hier wiederum, dass ein Mieter, der seine Verlängerungsaussicht nicht gefährden möchte, allenfalls in der BK-Abrechnung enthaltene Reparaturarbeiten oder Unklarheiten zu seinem Anteil an den Gesamtkosten oftmals besser unangesprochen lässt.
Mietzinserhöhung
Gemäß § 18 Abs 5 MRG darf eine Mietzinserhöhung bei Vorliegen eines Befristungszeitraums von unter vier Jahren nicht auf den Mieter überwälzt werden. Dies erscheint aber darauf, dass die Abschreibdauer von Erhaltungsarbeiten weit darüber hinausgeht und der Erhöhungszeitraum grundsätzlich 10 Jahre beträgt, insgesamt unzureichend.
Maklergebühr
Auch die üblicherweise auf den Mieter entfallende Maklergebühr wird nur im Falle eines auf nicht mehr als drei Jahre befristeten Mietvertrags reduziert und ist ansonsten gleich hoch wie im Falle eines unbefristeten Vertrags.
Risikofaktor Jobverlust
Weil von den Hausverwaltungen bei Neuvermietungen immer öfter Bonitätsnachweise angefordert werden, kann es für Mieter schon bei kurzzeitiger Arbeitslosigkeit zu erheblichen Problemen mit der Wohnraumversorgung kommen. Wer kurz vor Ablauf der Befristung seinen Job verliert, kann wenig später auch noch ohne Wohnung dastehen.
Resümee
Die Liberalisierung des Befristungsrechts im Bereich von Wohnungsmieten hat enorme Auswirkungen auf den Umfang von Mieterrechten. Es bedarf daher vermehrter Anreize zum Abschluss unbefristeter Mietverträge.
Autor Hans Sandrini ist Jurist der Mietervereinigung Österreichs mit langjähriger Beratungserfahrung in sämtlichen Bereichen des österreichischen Wohnrechts und Vertretungstätigkeit in allen Angelegenheiten des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens.
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