Politik, Wien 22.02.2019
Mehrere tausend Menschen gingen am Donnerstag in Wien auf die Straße, um gegen die Mietenexplosion zu demonstrieren und ein deutliches Zeichen für den Ausbau des Mieterschutzes zu setzen.
Gleich beim Treffpunkt bei der U6 Josefstädter Straße eröffnete Marisa Perchtold von der Mietervereinigung als erste Rednerin die Donnerstags-Demo, die, getragen von einem breiten Bündnis zahlreicher Initiativen und Oganisationen, unter dem gemeinsamen Motto „Wohnen ist ein Menschenrecht“ stand. In ihrem Beitrag skizzierte Perchtold, warum die Mieten in den letzten Jahren geradezu explodiert sind – und was dagegen getan werden kann.
„Einer der Hauptgründe für die explodierenden Mieten ist der Lagezuschlag“, sagte Perchtold. Der Lagezuschlag ist auch Thema im Programm der türkis-blauen Regierung. Dort ist aber nicht von einer Abschaffung – sondern ganz im Gegenteil – von einer Ausweitung die Rede. Geht es nach den Plänen der Regierung, dann soll künftig auch in Gründerzeitvierteln - in denen bisher gesetzlich kein Lagezuschlag erlaubt ist - ein solcher möglich sein. Die Folge wäre, dass Wohnungen in der Nähe des Wiener Gürtels massiv teurer werden würden. Ein Beispiel: Eine Familie wohnt in einem Gründerzeit-Altbau. Der reine Richtwert-Mietzins (ohne Betriebskosten) für die 90-Quadratmeter-Wohnung beträgt derzeit 498 Euro inklusive Steuer. Setzt die Regierung ihren Plan um, dann drohen der Familie bei einer Verlängerung des Vertrages Mehrkosten von bis zu 248 Euro im Monat - im Jahr sind das fast 3.000 Euro!
Ein Thema, das die prekäre Situation am privaten Mietwohnungsmarkt weiter verschärft, sind Befristungen. „Befristete Mietverhältnisse führen unweigerlich dazu, dass Mieterinnen und Mieter in der schwächeren Position sind. Das Mietrecht als Schutzgesetz, sieht zwar prinzipiell eine starke Position für Mieterinnen und Mieter vor. Aber die stärkste Regelung ist zahnlos, wenn Mietende ihre gesetzlich verankerten Rechte nicht durchsetzen können, weil sie Angst davor haben, ihre Wohnung zu verlieren“, sagte Perchtold.
Der große Demo-Zug, dem sich mehrere tausend Menschen angeschlossen hatten, zog anschließend lautstark und friedlich quer durch den 8. Bezirk und über den Gürtel wieder hinaus in den 16. Bezirk, wo im Leon Askin-Park (mitten in einem „Gründerzeitviertel“) eine stimmungsvolle Abschlusskundgebung stattfand.
Die Mietervereinigung wird sich weiterhin vehement für Mieterschutz und Mieterrechte für sowie für leistbares Wohnen einsetzen und fordert weiterhin längst überfällige, konkrete Verbesserungen für Mieter:
Ein Mietrecht für alle
Mehr Infos:
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